« Eisblumen »: Ein romantischer Thriller frei nach einer Novelle von Ludwig Tieck- Volker Ranisch / Ringtheater Zürich

mercredi 22 Sep. 2021 - 20h00

Atelier Marcel Hastir (étage 2)


Eisblumen. Oder: Des Lebens Überfluss…

 

 

Gleich mehrfach befasste sich der Schauspieler und Regisseur Volker Ranisch mit der Epoche der Romantik. Nun hat sich der Theatermacher die Thematik erneut vorgenommen und mit seiner  Bearbeitung der Novelle „Des Lebens Überfluss“ ein weiteres Kabinettstückchen geschaffen.

 

Clara und Heinrich – zwei wahre Romantiker und überdies verliebt, aber mit dem bisher gelebten Leben eben nicht mehr recht froh – dieses Liebespaar also, handelt. Es flüchtet vor den Zwängen der Gesellschaft in eine selbstgewählte innere Emigration. Nach und nach entledigen sie sich aller überflüssigen Dinge, erheben den Verzicht zum Lebenskonzept und unternehmen nicht weniger als den Versuch, sich eine neue Verfassung zu geben. Ohne Servietten und Tischtuch mag es sich noch leben lassen, auch ohne Bücher notfalls, die hat man ja im Kopf. Dann aber wird das Essen knapp, das Holz geht aus und der Winter bricht herein… 

Das, was in der Anfangseuphorie aussieht wie der Aufbruch in ein neues, selbst-bestimmtes Leben, frei von Konsum, frei von der gesellschaftlichen Konvention des Funktionierens, des Mitspielens – all das, gerät mehr und mehr zu einer Behauptung, zur Farce. Beide wissen es. Und gerade weil sie es wissen, wagen sie es kaum, darüber zu sprechen. Doch tritt das Verdrängte zunächst auch nur vernebelt in Träumen zu Tage, so tröpfelt es bald schon ganz real als wirkliches Leben hinein

in ihre löchrig gewordene Idylle…

Dass diese scheinbare Leichtigkeit des sich-selbst-genügenden-Seins jäh enden muss, ist zu erwarten. Aber mit Witz und tröstender Absurdität wird dieses Spiel sich selbst an seinen romantischen Ursprung zurückführen. Märchen gehen ja bekanntlich gut aus. Und so kommt, noch bevor Recht und Gesetz mit aller Macht zuschlagen, sprichwörtlich Deus ex machina und im letzten Moment der rettende, gute Freund…

Und wenn sie nicht gestorben sind…

Trotz oder gerade wegen des absurden Endes: Was Ludwig Tieck da im Jahr 1839 aufgeschrieben hat, weist erstaunliche Parallelen zur heutigen Zeit auf. Zeigt es doch nicht nur die Konsequenzen, mit denen Menschen zu rechnen haben, wenn sie aus der Gesellschaft aussteigen; der Text befragt ganz prinzipiell, ob das überhaupt möglich ist. Wird man in frei gewählter Isolation nicht notwendig auch zugleich wieder Teil des Ganzen?

Romantische Aussteiger

Tieck hat mit diesem bizarren Wintermärchen gleichsam ein Pendant zum « Sommernachtstraum » geschaffen.

Dieser als Novelle deklarierte Text – vordergründig zwar nur die Liebesgeschichte eines Paares, das sich mit einer phantasievoll zusammen gebastelten Welt- und Daseinsberechtigung über Kälte, Hunger und Elend hinwegtröstet – ist bei näherer Betrachtung ein sehr politisches, zeitlos aktuelles Stück Literatur.

                                           

Denn wovon lebt der Mensch ?

 

     

 

Von Luft und Liebe?
 
Was braucht es noch zum Leben?
 
Ein Stück Brot vielleicht,
 
ein Dach über den Kopf?
 
Und einen Ofen?

 

In der Metaphorik dieser gesamten Szenerie steckt die Genialität eines Dichters, dessen Fragen hinter den Fragen die gleiche Relevanz und Brisanz besitzen wie vor 200 Jahren.

„Welch ein Leben dies, in dem wir die Hoffnung wie eine betäubende Arznei gebrauchen müssen, damit wir nur von unserem eigenen Selbst und von unserem wahren Leben nichts gewahr werden“, fragt Tieck und löst den Konflikt auf absurde, überhöhte, ja zutiefst künstliche Weise, indem er seine Protagonisten wie durch ein Wunder in den Schoß der Gesellschaft zurückkehren lässt.

Was wäre aber die Alternative?

 

Eine Frage, über die sich nachzudenken lohnt.

Hier und Heute.

 

Eintritt: 20 € – 10 € (Kinder unter12 Jahren)  

 

Réservations

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